Mittwoch, 30. November 2011

Nu is aber ma gut!

Ich verrate Ihnen mal ein Geheimnis: Die Frau Laufmasche hat lange Zeit in Jena gelebt. Jena...Sie wissen schon, diese Stadt da irgendwo im Osten, wo es die vielen Rechtsradikalen gibt.

Ich verrate Ihnen noch ein Geheimnis: Das stimmt nur bedingt. Es ist nämlich so:

Jena ist eine wunderschöne alte Studentenstadt. Ungefähr so muckelig wie Heidelberg oder Freiburg - nur mit dem Unterschied, daß man hier lecker Bratwurst kaufen kann. ECHTE Thüringer Rostbratwurst nämlich. Außerdem hat der olle Schiller hier gelebt, Fichte, Schelling und Hegel haben hier gewirkt, Karl Marx hat seinen Doktor gemacht, das gute Kahla-Porzellan kommt aus Jena, Medikamente der Firma Jenapharm und last but not least haben wir hier einen weltweit bekannten Hersteller optischer Geräte. Um nur einiges zu nennen.
In Jena gibt es über 100.000 Einwohner, wovon ein Großteil Studenten sind. Unter diesen Einwohnern gibt es wie in jeder deutschen Stadt Gesinnungsarschlöcher. Sie wissen schon, die mit der komischen Einstellung zu Ausländern und der deutschen Geschichte. Daneben gibt es noch jede Menge Muslime, Juden, Christen, Freikirchler, Linke, Skater, Emos, Grufties, doofe, kluge, dicke und dünne, schöne und nicht so schöne Menschen.
Mitten in dieser zwischen Bergen gelegenen Stadt hat die Junge Gemeinde Jena ihre Räume. Eine alt eingesessene Institution - viele ihrer Mitglieder haben sich deutlich gegen das DDR-Regime gestellt und sind dafür ins Gefängnis gekommen. Eine hieß Bärbel Bohley. Ein anderer Roland Jahn. Er ist heute der Chef der Stasiunterlagen-Behörde. Heute ist die JG nicht minder "widerständlerisch". Betreut von Pfarrer Lothar König zeichnet sich die JG seit Jahren durch explizite Aktionen gegen Rechts aus. Dazu gehört ein jährlicher Sermon bzgl. der rechten Verstrickungen in Jena. Schon vor 10 Jahren (damals in der Uni-Zeitung) wiesen König und andere auf die Verbindungen der Jenaer Rechten mit scheinbar normalen Bürgern hin: Führende NPD-Köpfe waren und sind stadtbekannt, Gefolgsleute (etwa Immobilienmakler) ebenso. Die Jenaer NPD konnte so mehrere Häuser in ihren Besitz bringen. In einem davon gründeten sie ein "Wohnprojekt". Dieses sog. "Braune Haus" (abgeleitet von der Fassadenfarbe - wie nicht müde wurde zu betonen) generierte zum Jugendtreff und zur Schaltzentrale der Thüringer NPD. Das wurde auch von deren Seiten offiziell bestätigt und ist natürlich auch nicht verboten - weil die NPD nicht verboten ist. Daß es daneben noch ganz andere, sog. rechtsterroristische Entwicklungen gab, ist und war ebenfalls bekannt! Dummerweise wurde die Leute, die darauf hinwiesen - etwa Pfarrer König - schlichtweg für Übertreiber erklärt.
Fassen wir also zusammen: Pfarrer König, Studentengruppen, Hochschulverbände, Einzelpersonen warnen. Es gibt viele Demonstrationen - viele im Übrigen seitens des Bürgermeisters initiiert, der neulich dafür einen Preis für Zivilcourage entgegennahm. Es gibt ein engagiertes und vor allem informiertes Jena. Ein Jena, was quasi geschlossen auf den Beinen ist und eine ganze Bundesstraße besetzt, damit diese gesinnungsarschlöcher nicht zu ihrem jährlichen Ideologiejahrmarkt ("Fest der Völker" genannt) kommen. Und trotzdem ist es möglich, daß die führenden Köpfe der Jenaer rechten Szene unbehelligt bleiben. Warum?


Ich verrate Ihnen noch ein Geheimnis:
Die Mehrheit der Menschen insbes. der staatsschützenden Menschen hat ein falsches Bild vom heutigen Rechten. Der ist schon lange kein doofer, sächselnder Ronny ausm Osten mehr, der ohne Grund Ausländer "klatscht". Damit fängt man heute keine Stimmen mehr. Wohl aber mit Sozialkritik, mit Tiraden gegen den Staat und gegen das Sozialsystem. Sie merken den Unterschied? Ahmed ist immer noch unerwünscht, das eigentliche Problem ist aber nicht er, sondern der Staat, der sein Leben hier unterstützt! Dieser Staat, der Hartz IV zahlt und daran Konditionen setzt. Dieser Staat, der sich gut stellt mit dem Großkapitalismus (Amerika) und Imperialismus (dito plus EU). DAS sind die Schlagwörter bei denen!
Es scheint, daß unsere staatsschützenden Organe zu lange nicht hingehört haben und nicht hingesehen. Solange nämlich die altbekannten rechten Parolen und Taten folgen, läß sich eingreifen. Rechtliche Grundlage hierfür ist etwa der Straftatbestand der "Volksverhetzung" oder der "Körperverletzung".
Wir haben aber eine neue Rechte - eine die mit System gegen das System ist. Staatskritik an sich, so lange sie nicht staatsgefährdend ist, ist nicht strafbar. Wohl kann aber in der Staatskritik der Hort für Terrorismus liegen. Das war er vor 40 Jahren schon für die RAF, das ist er seit einigen Jahren für AlQuaida und nun auch für dieses Gewächs.


Es bleibt für mein wunderschönes Jena dennoch wohl ein schaler Nachgeschmack - wie wohl auch für Zwickau und Eisenach. Ich sag Ihnen was: Fahren Sie mal hin! Schauen Sie sich diese bunte Stadt an, besuchen Sie den Weihnachtsmarkt, essen Sie ne Bratwurst. Und vergessen Sie den Ausdruck "Jenaer Zelle". Die gibt es auch bei Ihnen um die Ecke - wetten?

1 Kommentar:

Maggie Hühü hat gesagt…

schwarze schafe gibt es überall!!! aber wie immer in der presse muss ja allem ein name gegeben werden und die vorurteile der verschiedenen regionen tun ihr übriges!

denn auch das saarland ist sehr schön und überhaupt nicht kleinbürgerlich wie man es ihm nachsagt.

liebe grüße kerstin